Kurzarbeit null führt zu Kürzung des Urlaubsanspruchs

Das Bundesarbeitsgericht hat mit einem Urteil vom 30.11.2021 (Az. 9 AZR 225/21) entschieden, dass der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für Zeiten von Kurzarbeit null entsprechend kürzen darf.

Die dortige Klägerin hatte einen Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen pro Jahr, da sie teilzeitbeschäftigt war mit einer Dreitageswoche. Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung befand sich die Klägerin in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig in Kurzarbeit null. Der Arbeitgeber kürzte daher den Jahresurlaub entsprechend auf 10,5 Arbeitstage (14 Arbeitstage x 9/12 gleich 10,5 Arbeitstage). Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage auf Feststellung, dass der Arbeitnehmerin 14 Urlaubstage zustehen ab, nachdem diese Rechtsfrage zuvor höchst umstritten war. Dass diese Rechtsfrage kontrovers diskutiert wurde, hatte das Bundesarbeitsgericht selbst herbeigeführt durch die sogenannte Charité Entscheidung vom 06.05.2014 (Az. 9 AZR 678/12). In jenem Verfahren hatte das BAG einer bei der Berliner Charité beschäftigten Krankenschwester Urlaubsansprüche für den Zeitraum 01.01.2011 – 30.09.2011 zugesprochen, obwohl die Krankenschwester in diesem Zeitraum unbezahlten Sonderurlaub mit ihrem Arbeitgeber vereinbart hatte und sogar teilweise in diesem Zeitraum bei einer anderen Klinik beschäftigt war. Das BAG hatte damals entschieden, dass bei einem vereinbarten unbezahlten Sonderurlaub die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht das Entstehen gesetzlicher Urlaubsansprüche hindert. Allerdings hatte sich der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 19.03.2019 (Az. 9 AZR 406/17) von dieser Rechtsprechung verabschiedet und entschieden, dass für Zeiten des unbezahlten Sonderurlaubs kein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub besteht.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist durch die neue Entscheidung vom 30.11.2021 wieder berechenbarer geworden. So hat das BAG auch entschieden, dass auch bei Altersteilzeit im Blockmodell für den Zeitraum der Freistellungsphase kein Urlaubsanspruch entsteht, ebenso kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für die Zeiträume der Elternzeit kürzen. Eine Ausnahme besteht nur bei Vereinbarungen über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.

Mit einer weiteren Entscheidung vom 30.11.2021 (Az. 9 AZR 234/21) hat das BAG auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bestätigt. Das LAG BaWü - Kammern Freiburg - hatte mit Urteil vom 03.05.2021 (Az. 9 Sa 1/21) entschieden, dass auch dann der Urlaub gekürzt werden kann, wenn die Kurzarbeit null nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung eingeführt wird, sondern aufgrund einer wirksamen Betriebsvereinbarung. Allerdings hatte der Vorsitzende Richter Tillmanns der 9. Kammer beim LAG BaWü auf einer Fortbildungsveranstaltung im Jahr 2020 noch eine andere Auffassung vertreten.

In der Praxis dürfte allerdings die neue Rechtsprechung des BAG dazu führen, dass Arbeitnehmer/-innen zukünftig vermehrt Vereinbarungen über Kurzarbeit nicht mehr abschließen werden, sodass die große Gefahr besteht, dass die zunächst arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung des BAG zu einem Bumerang werden könnte.

Autor: Joachim Gunzenhauser, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wir halten Sie auf dem Laufenden

Zurück