Steuerliche Vereinfachung und Entlastung von bürokratischen Pflichten.
Steuererleichterungen für Photovoltaikanlagen
In unserem Newsletter vom 06.10.2022 hatten wir über geplante steuerliche Änderungen für Photovoltaikanlagen berichtet. Diese geplanten Änderungen konkretisieren sich jetzt. Sie sollen eine echte steuerliche Vereinfachung und Entlastung von bürokratischen Pflichten für die Betreiber entsprechender Photovoltaikanlagen mit sich bringen.
Das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2022 ist im Gang, bezüglich der geplanten Änderungen bei den Photovoltaikanlagen gibt es keine Hinweise auf eine vom Gesetzesentwurf abweichende Umsetzung.
Was ist im Detail geplant?
- Einkommensteuer- § 3 Nr. 72 EStG-E
Für die Einkommensteuer kommt es zur Steuerfreiheit sämtlicher Anlagen, die eine installierte Gesamtbruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) haben. Diese Anlagen müssen auf, an oder in Einfamilienhäusern oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden installiert sein.
Für Anlagen auf, an oder in Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden mit Wohn- und Gewerbeeinheiten mit überwiegender Nutzung zu Wohnzwecken gilt die Steuerbefreiung für Größen von bis 15 kW (peak) pro Wohn-/ und Gewerbeeinheit.
Je Steuerpflichtigem liegt die Höchstgrenze der installierten Bruttoleistung für die Erlangung der Steuerbefreiung bei 100 kW (peak).
Bisher war die Steuerfreiheit nur auf Antrag zur Liebhaberei für kleine Photovoltaikanlagen bis 10 kW (peak) möglich, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt wurden.
- Umsatzsteuer - § 12 Abs. 3 UStG-E
Für die Umsatzsteuer sind die Änderungen noch weitreichender und führen in Zukunft zu echten Erleichterungen und Vereinfachungen für viele Anlagenbetreiber.
Der Gesetzgeber beabsichtigt einen Umsatzsteuersatz von 0% für die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie die Installation einer Photovoltaikanlage, sowie des dazugehörenden Stromspeichers.
Dieser Steuersatz soll für alle Anlagen gelten, die auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert werden. Diese Voraussetzung gilt per Annahme für alle Anlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von nicht mehr wie 30 kW (peak) als erfüllt, unabhängig davon wo diese installiert werden.
Die Neuregelung hat zur Folge, dass die Betreiber von Photovoltaikanlagen zukünftig nicht zur Regelbesteuerung optieren müssen, um die Vorsteuer aus der Anschaffung der Anlage erstattet zu bekommen. Somit können die Betreiber sich, sofern die weiteren Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, von Beginn an als Kleinunternehmer im Sinne des §19 UStG behandeln lassen.
Bisher war es üblich, durch die Option zur Regelbesteuerung, an die der Anlagenbetreiber fünf Jahre gebunden ist, die Vorsteuer aus dem Investitionsbetrag erstattet zu bekommen. Dies erfordert aber für diesen 5-Jahreszeitraum hinweg, dass der privat verbrauchte Strom als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist und die damit einhergehende Abgabe monatlicher/quartalsweiser Umsatzsteuervoranmeldungen. Erst nach Ablauf der fünf Jahre war der privat verbrauchte Strom durch die Rückkehr zur sogenannten Kleinunternehmerregelung tatsächlich umsatzsteuerfrei. In der Regel ist die Option zur Regelbesteuerung aus allein steuerlicher Perspektive vorteilhaft (unter Außerachtlassung administrativer Kosten), da die erstattete Vorsteuer aus der Anschaffung im Regelfall deutlich höher ist, als die zu entrichtende Steuer auf den privaten Stromverbrauch während des 5-Jahreszeitraums.
Ein weiteres Thema mit großer Praxisrelevanz ist die Problematik des Vorsteuerabzugs auf den Stromspeicher. Dieses Thema war immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Der Vorsteuerabzug auf den Speicher wurde durch die Gerichte aufgrund der ausschließlichen Privatnutzung des Stroms aus der Speicherung nicht weiter gewährt (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 19.2.2020, 12 K 418/18, veröffentlicht am 26.8.2022). Durch die Neuregelung wird auch der Stromspeicher explizit vom 0 % Steuersatz erfasst, dies ist sehr zu begrüßen.
Für Photovoltaikanlagen, die vor dem 01.01.2023 in Betrieb genommen werden, gelten die bisherigen Regelungen mit der Option zur Regelbesteuerung weiter fort. Für Anlagen, die ab dem 01.01.2023 in Betrieb genommen werden, können die Anlagenbetreiber bei der Kleinunternehmerregelung verbleiben, sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Mit der Folge, dass auch der privat verbrauchte Strom insgesamt umsatzsteuerfrei bleibt.
Was gilt in der Übergangsphase?
Für Anlagen, die bereits vor dem 31.12.2022 in Betrieb genommen wurden und noch werden bleibt es bei der bekannten Regelung und der Option zur Regelbesteuerung.
Für Anlagen, die ab dem 01.01.2023 in Betrieb genommen werden ist auf den Zeitpunkt und den Inhalt der Beauftragung mit dem Fachunternehmen abzustellen. Hier stellt sich in der Praxis die Frage, wer von der neuen Gesetzesregelung profitiert.
- Liegt die Beauftragung vor dem 01.09.2022 steht dem Anlagenbetreiber aufgrund § 29 UStG eine Entschädigung zu, so dass dieser im Ergebnis von der Neuregelung und somit dem 0% Umsatzsteuersatz profitiert.
- Für Beauftragungen ab dem 01.09.2022 ist auf den genauen Vertragsinhalt zu achten. Denn liegt eine sogenannte Komplettpreisvereinbarung vor, schuldet der Installateur dem Finanzamt ab dem 01.01.2023 keine Umsatzsteuer mehr, ist aber nicht zur Weitergabe des Preisvorteils verpflichtet. Insofern lautet die Empfehlung eine Steuerklausel in die Beauftragung aufzunehmen, die eine Nettopreisvereinbarung zuzüglich der zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme gesetzlich gültigen Umsatzsteuer festlegt.
Zusammenfassung
Insgesamt sind die steuerlichen Neuregelungen im Bereich der Einkommen- und Umsatzsteuer sehr zu begrüßen. Dies vereinfacht insbesondere den Bürokratieaufwand im Bereich der Umsatzsteuer für die Erlangung des Vorsteuerabzugs.
Derzeit sollten für die Praxis insbesondere auch folgende umsatzsteuerliche Thematiken beachtet werden, welche durch die Übergangsphase entstehen:
- Der Vertragsinhalt ist hinsichtlich des vereinbarten Preises genau zu prüfen,
- weiterhin ist der Leistungszeitpunkt genau zu prüfen, da dieser bestimmt, ob die bisherigen oder neuen Regelungen anzuwenden sind
Sollten Sie gerade einen Photovoltaikanlage planen, zögern Sie nicht und sprechen uns an.
Autoren:
Dr. Michael Riedle, Steuerberater, M.Sc. Accounting und Finance
Sina Laschinger, M.Sc.General Management