Weiterbildung statt weiter so. Das Qualifizierungsgeld und der Strukturwandel.

Die Wirtschaft in Deutschland ist im Umbruch. Und mit diesem stehen viele Branchen wie die Automobil- und ihre Zulieferindustrie vor herausfordernden Zeiten. Aber auch energieintensive Wirtschaftszweige oder Branchen die eine zunehmende Digitalisierung erfahren sind von diesem Strukturwandel betroffen. Die Wirtschaft muss in zukunftsfähige Strukturen investieren. Und das sehr kurzfristig und bei laufendem Betrieb. Kein leichtes Unterfangen in Anbetracht des derzeit fast stagnierenden Wirtschaftswachstums.

Manche Aufgaben fallen weg, an anderer Stelle entstehen neu.

Mit dem Strukturwandel entstehen neue Technologien und Möglichkeiten – dieser beinhaltet aber auch teilweise den Wegfall von ganzen Produktsparten oder Herstellungsprozessen. Es droht der Verlust von Arbeitsplätzen, obwohl in anderen Aufgabengebieten die Betriebe oft dringend qualifizierte Fachkräfte benötigen und händeringend suchen. Mit dem zum 1. April 2024 eingeführten Qualifizierungsgeld setzt die Bundesregierung genau an dieser Stelle an. Mit mehr als drei Milliarden Euro sollen Aus- und Weiterbildungen gefördert werden, um Beschäftigte fit für zukunftsfähige Aufgaben in den Betrieben zu machen. Angelehnt an das Kurzarbeitergeld ist das Qualifizierungsgeld eine Entgeltersatzleistung und bietet vielen Unternehmen die Chance, Kosten für den Strukturwandel zu überbrücken.

Wer kann das Qualifizierungsgeld beantragen?
Ein Überblick über die wichtigsten Voraussetzungen.

Grundsätzlich besteht keine Beschränkung hinsichtlich der Anwendungsfelder, so dass alle Unternehmen branchenunabhängig das Qualifizierungsgeld beantragen können. Allerdings ist die Förderfähigkeit an vier Voraussetzungen geknüpft:

1. Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen
2. Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen
3. Erfüllung der Voraussetzungen gegenüber dem Bildungsträger
4. Erfüllung der Voraussetzungen an die Weiterbildungsmaßnahme

Unter dem Aspekt der betrieblichen Voraussetzungen muss beispielsweise bei einem wesentlichen Teil der Belegschaft, gestaffelt nach der Anzahl der Beschäftigten, ein Qualifizierungsbedarf bestehen. Dieser „strukturwandelbedingter Qualifizierungsbedarf“ muss zudem in einem Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dokumentiert sein, wo bei mitunter eine nachvollziehbare Prognose ausreichend sein kann. Hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen müssen die Arbeitnehmer die Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses durchführen, der Qualifizierung zugestimmt und dürfen in den letzten vier Jahren nicht schon einmal Qualifizierungsgeld erhalten haben. Von der Förderung ausgeschlossen sind unter anderem Auszubildende, Praktikanten und geringfügige Beschäftigte. Die Weiterbildung muss länger als 120 Stunden dauern und muss Kenntnisse vermitteln, die über eine ausschließlich arbeitsplatzbezogene Fortbildung hinausgehen, um die Voraussetzung der Weiterbildungsmaßnahmen zu erfüllen. Die Voraussetzungen an den Bildungsträger sind dann gegeben, wenn dieser Bildungsträger nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung (AZAV) zugelassen ist.

Richtig und rechtzeitig beantragen.

Wie das Kurzarbeitergeld ist auch das Qualifizierungsgeld ein Lohnersatz, auf den der Arbeitnehmer selbst Anspruch hat. Trotzdem muss der Arbeitgeber das Qualifizierungsgeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen, die Voraussetzungen nachweisen, den Betrag selbst berechnen und an die Beschäftigten auszahlen. Die Agentur für Arbeit erstattet dem Arbeitgeber das Qualifizierungsgeld nachträglich pro Monat. Arbeitnehmer, die so eine Qualifizierung anstreben, erhalten hierbei 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz. Bei Angestellten mit Kindern erhöht sich der Prozentsatz auf 67 %. Wichtig für den Arbeitgeber: Eine Auszahlung für Zeiten vor der Antragstellung darf nicht erfolgen.

Doppelte Qualifizierungsoffensive.

Wie wichtig das Thema Qualifizierung innerhalb der Bundesregierung angesehen wird, kann auch daran abgelesen werden, dass es neben dem Qualifizierungsgeld noch eine weitere Fördermöglichkeit gibt, die dabei helfen soll, Arbeitnehmer fit für die Zukunft zu machen und Unternehmen unter die Arme zu greifen: Das Qualifizierungschancengesetz. Auf dessen Grundlage übernimmt die Agentur für Arbeit die Weiterbildungskosten von Arbeitnehmern (mit und ohne Berufsabschluss). Neben der Maßnahme selbst, kann hier je nach Konstellation auch das laufende Gehalt bis zu 100 % gefördert werden.

Mit dem Qualifizierungsgeld und dem Qualifizierungschancengesetz versucht die Bundesregierung also gleich doppelt, die deutsche Wirtschaft beim Transformationsprozess zu einem klimaneutralen und digitalen Standort mittels Weiterbildungsförderung zu unterstützen. Schade nur, dass vor allem das Qualifizierungsgeld an Hürden gekoppelt ist, die es insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen schwierig machen wird, dieses in Anspruch zu nehmen.

Sie sind vom Strukturwandel betroffen? Gerne zeigen wir Ihnen Ihre Möglichkeiten auf, die Fördermöglichkeiten aus dem Qualifizierungsgeld und dem Qualifizierungschancengesetzt zu nutzen. Sprechen Sie uns darauf an. Wir beraten Sie umfassend, individuell und gerne.

Autor: Timo Storz // Partner / Dipl. Finanzwirt (FH), Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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